Rückenschmerzen sind so häufig, dass es ein Land mehr kostet, als Krebserkrankungen und die Behandlung von Diabetes zusammen. Die meisten dieser Kosten stehen in Verbindung zur Behandlung von Menschen mit andauernden Schmerzen. Trotzdem gibt es weit verbreitete Mythen über den Rückenschmerz. In letzter Zeit hat die Wissenschaft im Gebiet des Rückenschmerzes große Fortschritte gemacht, die die Meinungen von so vielen Betroffenen Lügen strafen.
80% aller Menschen werden einen Zeitraum erleben, in dem sie Rückenschmerzen plagen. Schmerzen im Rücken sind wie Müdigkeit oder Traurigkeit; wir mögen es nicht besonders, aber es betrifft fast jeden irgendwann. Die meisten akuten Rückenbeschwerden entstehen durch einfache Überlastung oder Zerrungen der Muskulatur, die Prognose ist exzellent. In den ersten zwei Wochen nach einer akuten Schmerzperiode, berichten die meisten Patienten eine signifikante Verbesserung der Symptome, dabei erholen sich 85% vollständig innerhalb von drei Monaten. Nur eine sehr kleine Zahl von Menschen entwickelt langanhaltende Probleme.
Die Interpretation von Scans sollte mit einer Gesundheitswarnung einhergehen
Man denkt, dass es eine große Hilfe wäre, so gute Bilder wie möglich von der Wirbelsäule zu bekommen, um Rückenschmerzen zu behandeln. Man weiß jetzt, dass das in den meisten Fällen nicht zutrifft. Auf einem MRT-Bild oder einem CT-Scan sind häufig Dinge zu sehen, die gar nicht mit dem Schmerz in Verbindung stehen. Tatsächlich haben zahlreiche Studien gezeigt, dass sogar völlig schmerzfreie Menschen Auffälligkeiten wie Bandscheibenvorwölbungen (52%), degenerierte, oder "black discs" (90%), Bandscheibenvorfälle (28%) und "arthotische" Veränderungen (38%) zeigen.
Denke daran: Diese Menschen haben keine Schmerzen! Leider wird Patienten mit Rückenschmerzen häufig erzählt, dieser Schmerz käme von eben jenen Verletzungen der Wirbelsäule. Das führt häufig zu Angst, Stress und Vermeidung von Aktivität. Tatsächlich sind viele dieser im Scan sichtbaren Erscheinungen, eher vergleichbar mit Haarverlust - ein Zeichen des Alters und der Genetik, das nicht schmerzhaft sein muss.
Rückenschmerzen werden nicht durch etwas hervorgerufen, das nicht an seinem Platz ist
Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Schmerz im Rücken durch einen Knochen, oder ein Gelenk hervorgerufen wird, das nicht dort ist, wo es hingehört, oder einem Becken, das nicht im Lot steht. Bei den meisten Patienten mit Rückenschmerzen zeigen Scans keinen Nachweis von Bandscheiben, Knochen oder Gelenken, die "nicht an ihrem Platz sind". Bei der sehr kleinen Zahl der Menschen, die tatsächlich eine Abweichung vom Lot aufweisen, gibt es keinen Hinweis auf eine starke Verbindung zu Rückenschmerz. Natürlich muss man festhalten, dass es vielen Menschen nach einer Behandlung, wie einer Manipulation besser geht. Diese Verbesserung resultiert allerdings aus kurzfristigen Schmerzreduktionen durch eine Veränderung des Muskeltonus und Angst, nicht durch die Ausrichtung "verschobener" Körperteile.
Bettruhe ist nicht hilfreich
In den ersten Tagen nach einer Verletzung kann es helfen, aufwühlende Aktivitäten zu vermeiden, ähnlich wie beim Schmerz in anderen Körperregionen, wie einem verstauchten Knöchel. Allerdings gibt es sehr starke Evidenz, dass die zunehmende Rückkehr zu allen Aktivitäten, inklusive Arbeit und Hobbies, sehr wichtig in der Erholung von Schmerzen sind. Im Gegensatz dazu steht eine verlängerte Bettruhe in Verbindung zu längeren Schmerzintervallen und höheren Schmerzleveln mit größerer Behinderung, schlechterer Regeneration und längerer Krankschreibung. Je länger eine Person im Bett bleibt, weil der Rücken schmerzt, desto größer wird der Schmerz.
"Mehr Schmerz" bedeutet nicht "Größere Rückenverletzung"
Es mag einem komisch vorkommen, aber wir wissen heute, dass ein größerer Schmerz nicht unbedingt einen größeren Schaden bedeutet. Tatsächlich können zwei Menschen mit der gleichen Verletzung unterschiedliche Schmerzintensitäten empfinden. Der empfundene Schmerzgrad hängt von mehreren Faktoren ab: Verletzungssituation, frühere Schmerzerlebnisse, Stimmung, Ängste, Fitness, Stresslevel und Coping-Mechanismen. Beispielsweise kann ein Athlet oder Soldat nach einer Verletzung erst gar nicht viel Schmerz fühlen, bis er sich später in einem weniger aufregenden Umfeld befindet. Außerdem kann unser Zentralnervensystem zu jedem Zeitpunkt regulieren, wie viel Schmerz ein Mensch empfindet. Ein Patient mit Rückenschmerzen könnte also Schmerzen empfinden, weil sein Nervensystem überempfindlich geworden ist und einen Schmerz produziert, obwohl die eigentliche Zerrung schon lange verheilt ist. Das könnte zu einer Schmerzverstärkung bei Bewegung führen, obwohl der Patient seiner Wirbelsäule damit gar keinen Schaden zufügt. Sobald Rückenschmerz-Patienten den "Schmerz" aus Angst vor einem möglichen "Schaden" identifiziert haben, können sie einfacher und effektiver an der Behandlung teilnehmen.
Operationen sind selten notwendig
Nur ein kleiner Teil der Menschen mit Rückenschmerzen erfordert eine Operation. Die meisten können ihren Rückenschmerzen unter Kontrolle halten, indem sie sich aktiv halten, ein besseres Verständnis über Schmerzen entwickeln und die Faktoren identifizieren, die zu ihren Schmerzen beitragen. Das sollte diesen Patienten dabei helfen, ihre täglichen Aufgaben zu bewältigen, ohne auf ein operatives Verfahren angewiesen zu sein. Im Durchschnitt sind die Ergebnisse für Operationen an der Wirbelsäule mittel- und langfristig nicht(!) besser als nicht-operative Behandlungsverfahren.
Schultaschen sind sicher - die Sorgen um sie wohl eher nicht
Viele Menschen denken, dass das Tragen eines schweren Schulranzens zu Rückenschmerzen führen könnte. Forschungen in diesem Bereich haben diese Verbindung allerdings nicht bestätigen können: Es gibt keinen Unterschied zwischen schweren und leichten Schultaschen bei Kindern, die Rückenschmerzen entwickeln, oder schmerzfrei bleiben. Wenn ein Kind - oder ein Elternteil - allerdings denkt, dass der Schulranzen zu schwer ist, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind tatsächlich irgendwann Rückenschmerzen entwickelt. Das wiederum zeigt die Rolle der Angst in der Entwicklung von Rückenbeschwerden. Die größeren Probleme im Kindesalter, wie Inaktivität und Übergewicht könnten dagegen durch Schulranzen-tragende Kinder auf dem Schulweg zu Fuß, sinnvoll und effektiv bekämpft werden.
Heben und Bücken
Menschen mit Rückenschmerzen denken häufig, dass Aktivitäten wie Heben, Bücken, Drehen und Tragen gefährlich sind und vermieden werden sollten. Es gibt bis heute keinen einzigen Hinweis auf einen konsistenten Zusammenhang zwischen den genannten Faktoren und Rückenschmerz. Natürlich, man kann sich einen Rückenmuskel zerren, wenn man etwas "komisch" hebt, oder etwas anheben möchte, was schwerer ist, als man es normalerweise gewohnt ist. Damit können diese Aktivitäten für Rückenschmerz-Patienten auch schwieriger sein, als normalerweise. Das bedeutet jedoch nicht, dass die entsprechende Aktivität deshalb vermieden werden sollte. Während Heben und Bücken im ersten Moment tatsächlich zu Rückenschmerzen führen können, sollten diese Aktivitäten als normal angesehen werden und regelmäßig geübt werden, um den Rücken zu kräftigen. Das funktioniert genauso, wie die Rückkehr in den Sport nach einer Knöchelverletzung.
Vermeidungsverhalten und vorsichtiges Bewegen helfen auf lange Sicht nicht
Es ist typisch, vor allem in den ersten Tagen mit Rückenschmerzen, dass sich deine Bewegungen deutlich verändert haben. Ähnlich wie ein Humpeln nach einer Knöchelzerrung: Das löst sich auf, wenn der Schmerz nachlässt. Obwohl es am Anfang schwer ist: Die Rückkehr zu wertvollen Aktivitäten, die schmerzhaft oder mit Angst besetzt sind, ist sehr wichtig. Viele Menschen fangen nach einer ersten Schmerzepisode an, sich aus Angst vor Schmerzen oder der Furcht vor Gefahren anders zu bewegen. Solche veränderten Bewegungsmuster können im Langzeitverlauf ungesund sein und die Zerrung der Muskeln noch weiter verstärken.
Schlechter Schlaf beeinflusst Rückenschmerzen
Wenn jemand Schmerzen hat, kann es schwer fallen, nachts gut zu Schlafen. Das ist andererseits, aber ebenfalls der Fall: Schlechter Schlaf kann zu Rückenschmerzen in der Zukunft führen. Das funktioniert auf dem gleichen Weg, wie uns schlechter Schlaf mehr Stress macht, Kopfschmerzen verursachen kann und uns müde und niedergeschlagen fühlen lässt. Genauso können es Rückenschmerzen verursachen, oder eine Schmerzepisode verlängern. Also kann eine Verbesserung der Schlaf-Routine dabei helfen, Schmerzen im Rücken zu vermindern.
Stress, Niedergeschlagenheit und Sorgen beeinflussen Schmerzen
Wie wir uns fühlen, hat großen Einfluss auf die Schmerzintensität, die wir erleben. Rückenschmerzen können durch Stress bei Lebensveränderungen, Gefühle und Angstlevel hervorgerufen werden. Diese Faktoren stehen auch mit vielen Bereichen der Gesundheit in Verbindung, wie Herpesinfektionen, Reizdarm und Schläfrigkeit, die einen großen Einfluss auf Rückenschmerzen haben. Das Ergebnis aus diesen Erkenntnissen ist folgendes: Stress, Gefühle und Angstlevel gut zu kontrollieren, beispielsweise durch angenehme Tätigkeiten und Entspannungstechniken, kann bei Rückenschmerzen sehr hilfreich sein.
Auch langwierige Rückenschmerzen können sich verbessern
Da Rückenbeschwerden von vielen Faktoren abhängen, die individuell variieren, sollte sich die Behandlung am Einzelfall orientieren und die relevanten Faktoren für jeden einzelnen Patienten identifizieren. Nach vielen verschiedenen Behandlungen immer noch keine Schmerzlinderung zu erfahren ist sehr frustrierend und kann dazu führen, dass Menschen die Hoffnung verlieren. Das ist hingegen sehr häufig, weil viele Behandlungen nur einen Faktor beeinflussen. Beispielsweise eine Massage, die die verspannte Muskulatur zum Ziel hat, dabei, aber weder Schlafprobleme, noch Fitness- und Stresslevel behandelt. Die Identifikation der verschiedenen Faktoren bei jedem Einzelnen und die gezielte Behandlung aller Einflussfaktoren kann zu einer deutlichen Schmerzreduktion führen. Die Betroffenen können glücklicher und gesünder leben.
TRAINING IST SEHR GUT
Viele Rückenschmerz-Patienten haben Angst vorm Training und vermeiden es, weil sie denken, das würde noch größere Probleme bereiten. Das stimmt aber nicht! Wir wissen heute, dass regelmäßiges Training dir hilft, deinen Körper fit und gesund zu halten. Es kann tatsächlich Schmerzen reduzieren und erzeugt ein gutes Körpergefühl. Die Muskelspannung wird reguliert, man fühlt sich besser und das Immunsystem wird gestärkt, wenn man langsam anfängt und sich entsprechend steigert. Wenn du Schmerzen hast, fällt der Anfang schwer. Wenig verwendete Muskeln verursachen mehr Schmerzen, als gut trainierte. Das bedeutet, wenn du Schmerzen nach Belastung empfindest, deutet nicht auf einen Schaden oder eine Verletzung hin.
Such dir einen kompetenten Trainer, der dir erklären kann, was Dysbalancen und die Krankheitsbilder sind, wie sie entstehen und was du dagegen tun kannst, einen Trainer, der Prioritäten beim Training setzt und außerdem dir wichtige Tipps und effektivste Übungen rund um die Tiefenmuskulatur, das Bauchmuskeltraining und einen starken und stabilen Rücken geben kann.
Spannend? 😉
Ich freue mich auf dich! 🙂
Deine Fitnesstrainerin Nadja
(Quelle: Mary O'Keeffe (University of Limerick), Dr Kieran O'Sullivan (University of Limerick), Dr Derek Griffin (Tralee Physiotherapy Clinic))